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Weihnachten 1982.MS"Jonny Wesch".

Weihnachten auf See

 Meist  hatte  man  die  ersten  Berührungspunkte  zu den  bevorstehenden  Weihnachtstagen  schon  im vorhergehenden  Monat  August. Bei  brütender  Hitze  schrieb  man  auf  der  Rückreise  die  Bestellung  für  die  nächste  Fahrt- die  Weihnachtsreise.

Bei  der  darauffolgenden Proviantübernahme  im  September, übernahm man dann  sämtliche  Weihnachtsartikel, vom  Festtagsbraten  bis  zum  Christstollen  und  verbunkerte  emotionslos  die  Leckereien  für  den  bunten  Teller  in  der  Trockenlast.
Besondere  Pflege  ließ  man  aber  den  Weihnachtsbäumen  angedeihen. Diese  kamen  in  die  Kühllast  und  wurden  dort  gehegt  und  gepflegt  bis  zu  dem  gewissen  Tag. Meist  nahm  man  zwei  Tannenbäume  mit, einen  für  die  Messe  und  einen  für  den  Toppmast. Mitunter  waren  es  aber  auch  mehr  an  der  Zahl, wenn  man,  für  unter  tropischer  Sonne  im  Ausland  tätige  Landsleute , solche  raren  Artikel  aus  der  Heimat  mitbrachte.

Wohl  dem  Dampfer, der  überhaupt  einen  Tannenbaum  hatte. Nicht  immer  war  das  der  Fall. Der  Einfallsreichtum  der  Besatzung  war  gefragt. Besenstiele  wurden  angebohrt, mit  Draht  und  Spritzpistole  wurde  gearbeitet  und  es  entstanden  Kreationen  von  Weihnachtsbäumen, denen  man  unter  der  Last  von  Kugeln, Lametta  und  der  Lichterkette  den  Ursprung  nicht  mehr  ansah.

MS "Altmark".Reede Limassol 1974.Dritter Advent.
MS "Norasia Karsten". Weihnachten 1984.

An Bord

Die  Advents- und  Weihnachtszeit  verlief  an  Bord  den  Umständen  entsprechend  besinnlich  ab. Man  saß  bei  Stollen  und  Gebäck  zur Coffeetime  beisammen, abends  traf  man  sich  in  trauter  Runde  in der  Kammer. Manche  hatten  einen  Tannenzweig  auf  der  Back  oder  einen  Papierstern  als Kammerschmuck. Mit  Glühwein  konnte  man  allerdings  keinen  Seefahrer  in  tropischen  Gefilden  zum  Umtrunk  locken. Sentimentale  Musik  war  verpönt.

Die  Hauptlast  der  Arbeit  an  solchen  Festtagen  war  beim  Wirtschaftspersonal, der  Kombüsencrew  bzw. später  beim  Alleinkoch  angesiedelt. Mit  viel  Mühe wurde   mit  umfangreichem  Festessen  der  Besatzung  etwas  Weihnachten und Heimat   vermittelt.
Lustige  Erinnerungen  werden  wach, an  einen  Kapitän, der  sich  ein  ausgefallenes  Stollenrezept  über  Funk  von  der  Agentur  in  Hongkong  senden  lassen  wollte  oder  den  Inhalt  des  bunten  Tellers  per  Anweisung  mit  Schiffssiegel  verfügte. Da  stand  der  kleine  Umschlag  vom  Charterer  mit  ein  paar  Dollars  Inhalt  auf  dem Weihnachtsteller  mehr  im  Mittelpunkt  des  Interesses.
Oder  ein  Funker (gab  es auch  mal)  der  feststellen  musste, daß  ein  Lehrling  auf  seiner  ersten  Reise, als  Einziger  der  Besatzung  kein  Weihnachtstelegramm  erhielt. Guten  Herzens  fing  er  aber  dann  doch  noch, trotz  schlechtem  Empfangs, Fragmente  von  Weihnachtsgrüssen  für  den  Betreffenden  am  Heiligabend  auf "Mein  lieber  Sohn  xxx...unleserlich... Grüsse  Deine  Eltern". Leider  war der  Betreffende  Vollwaise.
Am  24.12.  kam  man  in  der  ausgeschmückten  Messe  zusammen , sofern  der  Dienstbetrieb  das  zuließ, in  den  früheren  Jahren  wurde  sogar  noch  ein  Julklapp  organisiert. Einer  spielte  Knecht  Ruprecht, ein  anderer  das  Christkind  und  unter  passenden  Versen  wurden  die  kleinen  Geschenke  unter  Gelächter  und  mit  Spaß  verteilt. Dieses  waren  aber  Aktivitäten, die  bei  der  fortschreitenden  Reduzierung  des  Bordpersonals  später  entfielen.

Persönlich

Weihnachten  an  Bord  hatte  schon  seine  Eigenheiten  und  drückten  so  manchem  rauen  Fahrensmann  eine  Träne  in  die  Augenwinkel, manchmal  nur  nach  innen, aber  es  ging  doch immer  etwas  ans  Herz.
Manche  zogen  sich  zurück (Freiwache), andere  taten  Dienst, andere  wiederum  waren  froh  über  Aktivitäten  die  zur   Abwechslung  beitrugen. Auch  ein  kühles  Bier  trug  zur Regulierung  der  Gemütslage  bei.
An  welche  Weihnacht  erinnert  man  sich:
Die  "Standardweihnacht"  fand  in  tropischen  Gefilden  bei  +45  Grad  Celsius  statt. Es  duftete  nach  Ente, Rotkohl  und  Klössen, aber  in  Badehosen  an  Deck  kam  nur  sehr  schlecht  Weihnachtsstimmung  auf. Die  den starken  Seemann  markierten  sagten "Weihnachtsfeier, 17 Uhr, Palaverdeck?" -da  gehe  ich  nicht  hin. Um  ihre  Seefunktelegramme  zu  erhalten  kamen  sie  dann  doch.
Wenn  der  Radioempfang  stimmte, hörte  man  die  Grüsse  aus  der  Heimat. Wenn  möglich , sogar  die  Wiederholung  der  Sendung.

Ja, als  die  Besatzungen  sich  wandelten  und  Seeleute  anderer  Kulturkreise  an  Bord  waren, lernte  man  auch  andere  Weihnachtsbräuche, z.B. Samoa  oder  Kiribati, kennen.
Befand  sich  das  Schiff  in  einem  Schlechtwettergebiet, man  wetterte  schon  Tage  lang  gegen  an, man  konnte  kaum  schlafen- und  das  Weihnachten?
Man  beneidete  die  Daheimgebliebenen, die  im  Kreise  ihrer  Lieben, im  Trockenen  ihren  Festtagsbraten  verzehrten.

Besonders  in  Erinnerung  sind  natürlich  auch  Weihnachtstage, die  man  in  Ländern  und  Häfen verlebte, die  von  Bürgerkrieg  betroffen  waren  oder  sich  sogar  in  offenen  Kriegshandlungen  befanden. Hier  wurde  erst  richtig  bewusst  wie  sicher  man  zuhause  war.

Erspart  blieben  dem  Seemann  dafür  sämtliche  TV-Sendungen  mit  Jahresrückblicken, Spendengalas  und  friedensverkündenden  Botschaften.
Die  Geschehnisse, die  sich  ausserhalb  der  Grenzen  Deutschlands  abspielten, erlebte  man  hautnah und  aktueller  als  manch  anderer  Zeitgenosse.
Hungersnöte, Kinderarbeit  und  kriegerische  Gewalt--Frieden  ist  auf  der  Welt  noch  keine  Selbstverständlichkeit. Für  mich  ist  deshalb  der  Wunsch zur "friedlichen  Weihnacht"  keine  Floskel.
Weihnachten  ist  überall  auf  der  Welt.

In  diesem  Sinne  wünsche  ich  allen  ein   friedliches  Weihnachsfest  und  bin  wieder  besonders  mit  meinen  Gedanken  bei  den  vielen  Seeleuten  auf  den  Weltmeeren, die  dieses  Fest, fern  der  Heimat  und  getrennt  von  den  Familien  verbringen  werden.

                                      Frohe Weihnachten!

Weihnachtsglückwünsche
Norasia Agentur Hongkong

                        MS ALTMARK-Weihnachten 1974 in Tobruk/Libyen 

Knecht Ruprecht und das Christkind
Julklapp, Gedanken an die Heimat,etwas Spass
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